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2020-10-27T10:30:24+01:0023.Oktober 2020|

Österreich:

EU Taxonomie – Wie gut ist Ihr Unternehmen vorbereitet?

Der 22.Juni 2020 ist in Hinblick auf das Thema Nachhaltig ein bedeutender Tag innerhalb der Europäischen Union. An diesem Tag wurde die Taxonomie Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, die somit seit 12. Juli diesen Jahres in Kraft ist. – Ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz und einheitlicher Begrifflichkeiten beim Thema Nachhaltigkeit. Bis Ende des Jahres sollte der delegierte Rechtsakt mit den finalen Kriterien für wirtschaftliche Tätigkeiten, die einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel leisten, veröffentlicht werden. Einen ersten Eindruck bezüglich dieser Kriterien gibt, der bereits im März erschienene Report der Technical Expert Group (Technical annex to the TEG final report on the EU taxonomy).

Europapolitiker haben bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie die Finanzwirtschaft deutlich in der Pflicht sieht, wenn es um den Übergang zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem geht. Den Angaben der Europäischen Kommission zufolge, werden jährlich Investitionen in Höhe von EUR 180 Mrd. benötigt, alleine um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. So dürfte es kaum für Verwunderung sorgen, dass die Offenlegungsanforderungen bezüglich klimabezogener Information deutlich zunehmen. Versicherung und Banken werden zukünftig im Lagebericht erläutern müssen, wie und in welchem Umfang ihr Handeln mit ökologischen nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten einhergeht. Finanzmarktteilnehmer, die ihre Produkte als ökologisch nachhaltig bezeichnen, werden zukünftig über den Taxonomie-konformen Anteil berichten müssen.

Der Trend zu einer nachhaltigen Finanzwirtschaft ist bereits jetzt stark zu spüren. Die EU Taxonomie als Klassifizierungssystem für Investoren, das für diese ein maßgebliches Tool darstellt, wenn sie in Projekte oder Wirtschaftstätigkeiten mit positiven Klima- und Umweltauswirkungen investieren möchten, dürfte diesen Trend nochmals beschleunigen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Taxonomie auf Tätigkeiten und nicht auf Unternehmen abzielt. Es kommt also darauf an, was und wie das Unternehmen produziert und welche Dienstleistungen es anbietet. Dies ist durchaus als positiv zu werten, wenn man bedenkt, dass sich die unternehmerische Tätigkeit im Laufe der Zeit immer wieder ändern und anpassen kann. Da die Taxonomie gewissermaßen an Verhaltensweisen anknüpft, stellt sie ein flexibles System dar, das seinen Anforderungen durchaus gerecht werden dürfte.

Basierend auf den Taxonomie-Kriterien ist Nachhaltigkeit zukünftig messbar. Die Ära von „50 Shades of Green“ sollte nun zumindest innerhalb der EU zu Ende gehen. Dass sich dies allerdings nicht so einfach gestalten wird, zeigen erste Studien im Zusammenhang mit der Taxonomie. Aus Sicht der EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) dürften aktuell nur rund 5% des gesamten von Versicherern gehaltenen Vermögenswertes (einschließlich Immobilienvermögen) für die Taxonomie in Frage kommen1.

Auch Unterzeichner der Principles for Responsible Investments haben sich als Fondsanbieter von nachhaltigen Fonds bereits mit dieser Thematik beschäftigt. Denn wenn sie zukünftig „ökologisch nachhaltige“ Fonds anbieten, müssen auch sie nachweisen, wie und in welchem Umfang sie die Taxonomie bei der Bestimmung der Nachhaltigkeit der zugrunde liegenden Investitionen verwendet haben. Liest man die einzelnen Case Studies, so erkennt man schnell, dass es aktuell noch ein erhebliches Datenproblem am Markt gibt. Viele waren von der Tatsache überrascht, dass innerhalb ihres Portfolios ein offensichtlicher Mangel zu erkennen ist, wenn es um die Offenlegung der an der Taxonomie ausgerichteten Unternehmenstätigkeiten und Produkte geht. Hier sollten die Alarmglocken bei kapitalmarktorientierten Unternehmen klingeln. Wenn Unternehmen ihre Offenlegungen nicht schnell aktualisieren um den Bedürfnissen der Investoren gerecht zu werden, könnten diese ihr Geld bald abziehen und in Unternehmen investieren, die die notwendigen Daten zur Verfügung stellen. Mit den neuen Offenlegungspflichten für Unternehmen die zu einer nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, gelten ohnehin ab 1. Januar 2022 neue Berichtspflichten, die diesem Investorenbedürfnis dienlich sein sollten. Allerdings scheint es so, dass sich die Unternehmen mit der neuen Berichtspflicht nur sehr verhalten auseinandersetzen. Die mit der Berichtspflicht einhergehenden internen Anpassungen und Vorbereitungen sollten jedoch nicht unterschätzt werden. Schließlich müssen dafür unternehmensintern Ressourcen und Verantwortlichkeiten geschaffen werden. Auch IT-seitig könnten Systemanpassungen notwendig sein. Es ist bereits jetzt die Zeit gekommen um sich mit der Frage zu beschäftigen, wie denn das eigene Geschäft die beiden Umweltziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel unterstützt. Ebenso sollte man für zukünftige Investorengespräche vorbereitet sein, in einigen Branchen, dürfte hier die Taxonomie Konformität eine maßgebliche Rolle spielen.

Auch Unternehmen, die derzeit aufgrund ihrer Größe nicht unter die Berichtspflicht der Non-Financial Reporting Directive (Nationale Umsetzung in Österreich: NaDiVeG) fallen, sollten sich nicht tatenlos zurücklehnen. Sie könnten insofern betroffen sein, als dass sie vonseiten ihrer Geschäftspartner nach solchen Informationen gefragt werden. Sind diese wiederum von der Berichtspflicht betroffen, so können sie dieser nur nachkommen, wenn ihnen etwa Lieferanten oder Kunden „freiwillig“ Auskunft über die Nachhaltigkeiten ihrer Tätigkeiten geben. Letztendlich sind hier nicht nur Unternehmen von öffentlichem Interesse gefragt, sondern gewissermaßen ebenso Unternehmen der Liefer- und Wertschöpfungskette. Dies hängt allerdings noch bis zu einem gewissen Maß von den delegierten Rechtsakten bezüglich der konkreten Berichterstattungspflichten ab. Auch für kreditfinanzierte Unternehmen dürften die Folgen der regulatorischen Entwicklungen eher früher als später bemerkbar werden. Auf Banken kommen nicht nur vermehrte Berichtspflichten in punkto Nachhaltigkeit zu, auch europäische wie nationale Aufsichtsbehörden erwarten zukünftig die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement. Um all diesen Forderungen nachkommen zu können, werden Banken daher bei der Kreditvergabe signifikant mehr Wert auf die Prüfung von Nachhaltigkeitsmerkmalen der finanzierten Tätigkeit legen, als dies bisher der Fall war.

Begreifen Sie daher die Taxonomie als Chance. Sie zeigt Ihnen Möglichkeiten auf, wie das operative Geschäft ökologisch nachhaltiger gestaltet und auf die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken ausgerichtet werden kann. Die Kommunikation zum Thema Nachhaltigkeit mit Ihren Investoren und anderen Stakeholdern wird an Qualität gewinnen. Auch Ihre Finanzierungsfähigkeit kann dadurch verbessert werden. Starten Sie mit einem Screening Ihres Unternehmens bereits jetzt, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir von denkstatt sind langjährige ExpertenInnen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Gerne bereiten wir Sie auf neue Reportinganforderungen vor, helfen ihnen aber auch die Chancen zu erkennen.

Die Taxonomie im Überblick

Die Taxonomie ist Teil des 2018 veröffentlichten „Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ der Europäischen Union. Ziel des Plans ist es Geldströme in nachhaltige Investitionen zu lenken um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Die EU will im Jahr 2030 um 40 % weniger Treibhausgase ausstoßen als im Vergleichsjahr 1990. In weiterer Folge will die EU 2050 klimaneutral sein. Dies bedarf aber die Unterstützung privater Investoren. Hier haben vor allem Banken, Versicherungen und Asset Manager einen großen Hebel. Aber auch jeder einzelne Bürger kann einen Beitrag leisten.

Bleibt noch die Frage zu klären, was denn nun ökologisch nachhaltig ist. Genau hier kommt die EU Taxonomie ins Spiel. Eine wirtschaftliche Tätigkeit kann nur als ökologisch nachhaltig betrachtet werden, wenn sie zu mindestens zu einem der in der Taxonomie Verordnung festgeschriebenen Umweltziele beiträgt.

6 Umweltziele:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme

Neben einen substanziellen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele, darf sie außerdem keinem der anderen Umweltziele erheblichen Schaden zufügen. Darüber hinaus muss sie im Einklang mit den Mindestanforderungen in den Bereichen Arbeitsstandards und Menschenrechte sein, sowie den von der EU Kommission vorgegebenen quantitativen und qualitativen Kriterien genügen.

Die Taxonomie Verordnung legt drei Arten von ökologisch nachhaltigen Aktivitäten fest:

  • Aktivitäten die bereits einen wesentlichen Beitrag leisten
  • Übergangsaktivitäten (transitional activities): Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, für die es bisher noch keine CO2-arme Alternative gibt, die aber den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft unterstützen. Ein Beispiel hierfür wäre eine sehr energieeffiziente und CO2-arme Zement Produktion. Tätigkeiten dieser Kategorie können nur zum Umweltziel „Klimaschutz“ einen Beitrag leisten.
  • Ermöglichende Aktivitäten (enabling activities): Hiermit sind Tätigkeiten gemeint, die eine der beiden zuvor genannten Aktivitäten ermöglichen. Das Erzeugen erneuerbarer Energie wäre eine Aktivität die bereits einen wesentlichen Beitrag leistet, die Herstellung von Windkrafträdern wäre eine Tätigkeit die diese ermöglicht.

Aktuell arbeitet die Europäische Kommission an den finalen Kriterien für die ersten beiden Umweltziele (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel). Bis Ende des Jahres werden diese im Zuge eines delegierten Rechtsaktes veröffentlicht und kommen dann ab 1. Januar 2022 zur Anwendung. Für die übrigen vier Umweltziele werden die Kriterien im Laufe von 2022 ausgearbeitet und bis Jahresende mittels delegierten Rechtsakt veröffentlicht. Zur Anwendung kommen diese ab 1. Januar 2023.

Berichtspflichten für Unternehmen und im Finanzdienstleistungssektor

Die Verordnung zu nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor wurde bereits im Amtsblatt der Europäischen Union vom 9. Dezember 2019 veröffentlicht und gilt weitestgehend ab dem 10. März 2020 (EU 2019/2088 Art. 20). Die in der Taxonomie Verordnung festgelegten Offenlegungspflichten ergänzen diese. So umfasst beispielsweise die Begriffsbestimmung „nachhaltige Investitionen“ in der Offenlegungsverordnung (EU 2019/2088) Investitionen in ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten im Sinne der EU Taxonomie Verordnung.

Darüber hinaus gelten für kapitalmarktorientiere Unternehmen, die im Zuge der Non-Financial Reporting Directive (nationale Umsetzung in Österreich NaDiVeG) zu einer nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, ab 2022 neue Berichtspflichten. Sie sollen im Berichtsjahr 2022 (Reportingperiode 2021) Auskunft über den Anteil ihrer ökologisch nachhaltigen Aktivitäten am Gesamtumsatz geben. Gleiches gilt für ihre Investitionen (Capex und wenn relevant auch Opex). Über eine genaue Ausgestaltung der Berichtspflichten wird ein bis zum 1.Juni 2021 veröffentlichter delegierter Rechtsakt Aufschluss geben.

1 Siehe THE EU SUSTAINABLE FINANCE TAXONOMY FROM THE PERSPECTIVE OF THE INSURANCE AND REINSURANCE SECTOR (EIOPA Financial Stability Report July 2020)

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